Eine Artillerieeinheit posiert auf einem riesigen Eisenbahngeschutz in Frankreich. 1918.
Seit es Katapulte und Triboks gab, träumten Militärs von der ultimativen Waffe, mit der sie die Mauern, Burgen oder Verteidigungsanlagen des Feindes zerstören konnten. 85 Jahre lang war diese Waffe das Eisenbahngeschutz, das groß genug war, um beträchtlichen Schaden anzurichten, aber auch uberall dort eingesetzt werden konnte, wo Eisenbahnschienen hinfuhrten.
Eisenbahngeschutze hatten eine kurzere Lebensdauer als andere praktische Militärtechnologien, die während des amerikanischen Burgerkriegs entwickelt wurden, wie U-Boote, Repetiergewehre und Maschinengewehre. Dennoch erwarben sie sich von 1862 bis 1945 den Ruf als beispiellose Bunkerbrecher und terrorisierten Zivilisten, indem sie ohne Warnung aus der Ferne auf Städte feuerten.
Die Montage schwerer Artillerie auf mobilen Eisenbahnwaggons wurde erstmals 1847 vom Russen Gustav Kori vorgeschlagen und im amerikanischen Burgerkrieg erstmals im Kampf eingesetzt. Die Konföderierten befestigten ein 32-Pfunder-Marinegewehr vom Typ Brooke an einem Flachwagen, der durch eine eiserne Kasematte geschutzt war. Der fertige Wagen sah einer Landversion des Panzerschiffs CSS Virginia sehr ähnlich.
Vor der Schlacht von Fair Oaks war sie in Artillerieduelle verwickelt. Die Union verwendete ähnliche Eisenbahnbefestigungen während der Belagerung von Petersburg im Jahr 1864.
Das beruhmteste davon war der Dictator, ein 13-Zoll-Mörser fur die Kuste auf einem achträdrigen Flachwagen. Dieses Ungetum feuerte 218-Pfund-Granaten bis zu 4.200 Meter weit und bombardierte damit Batterien und bombensichere Stellungen der Sudstaaten mit großer Wirkung.
Ein 32 Pfund schweres, schienenmontiertes Brooke-Marinegewehr, das von Robert E. Lees Streitkräften bei der Belagerung von Petersburg im amerikanischen Burgerkrieg verwendet wurde. 1862.
Abgesehen von den Experimenten, die die Franzosen während der Belagerung von Paris im Jahr 1870 und Kapitän John Fisher (bekannt durch die Dreadnought-Serie) von der britischen Royal Navy in den Jahren 1881 und 1882 durchfuhrten, gab es bei Eisenbahngeschutzen nur wenige Fortschritte, bis im späten 19. und fruhen 20. Jahrhundert französische Firmen mit der Montage großer Artilleriegeschutze – ursprunglich als Hauptbewaffnung von Kriegsschiffen konzipiert – auf großen Eisenbahnwaggons experimentierten.
Die Franzosen platzierten daher nicht nur 320-mm-Geschutze und 200-mm-Haubitzen, sondern sogar so kleine Geschutze wie 155-mm-Haubitzen. Während des kommenden Krieges wurden Marine- oder Kustenartilleriemannschaften viele solcher Eisenbahngeschutze bemannen.
Das deutsche und österreichisch-ungarische Militär experimentierte außerdem unter größter Geheimhaltung mit riesigen Belagerungsgeschutzen – der 420-mm-Haubitze „Dicke Bertha“ von Krupp und der 305-mm-Haubitze „Schlanke Emma“ von Skoda – die später mit bewundernswerter Genauigkeit und Durchschlagskraft gegen belgische und französische Befestigungen eingesetzt wurden.
Die Beschränkungen der europäischen Straßennetze und die französischen Experimente mit Eisenbahngeschutzen könnten Deutschland dazu ermutigt haben, die technischen Stärken des Artillerieburos von Krupp mit denen der „Eisenbahnpioniere“ zu kombinieren, die damals vielleicht der eindrucksvollste und professionellste militärische Eisenbahndienst in Europa waren.
Gegen Ende des Ersten Weltkriegs galten Eisenbahnen als die vorherrschende Methode, um superschwere Artillerie einzusetzen. Bis zum Waffenstillstandstag hatte die US-Kustenartillerie in zehn Regimentern in Europa 71 Eisenbahngeschutze im Einsatz. Ihre Größe reichte von 14-Zoll-Geschutzen bis zu 190 mm. Fast alle wurden in Frankreich hergestellt.
Eine Krupp-42-Kanone auf einem Flachwagen. 1916.
Der Höhepunkt der Langstreckenartillerie war die Pariskanone. Von den Parisern fälschlicherweise als „Dicke Bertha“ bezeichnet, wurde sie zu Ehren des Kaisers offiziell Wilhelmgeschutz genannt. Tatsächlich handelt es sich bei den Pariskanonen um eine Reihe austauschbarer Geschutzrohre, die von Rausenbergers Team in Zusammenarbeit mit der deutschen Marine entwickelt wurden.
Ausgehend von einem 280-mm-Schiffsgeschutz wurde jeder Lauf auf 210 mm oder später mit uberholten Läufen auf 240 mm gekurzt. Die modifizierten Rohre wurden dann verlängert und stark verstärkt. Jedes Rohr konnte nur zwanzig bis funfzig Granaten abfeuern, bevor seine Zuge und Genauigkeit erheblich nachließen.
Während des Zweiten Weltkriegs war Deutschland der fuhrende Hersteller und Anwender von superschweren Eisenbahngeschutzen. Der alliierte Geheimdienst identifizierte bis 1945 etwa zwölf verschiedene Typen deutscher Eisenbahnartillerie im Kaliber von 150 mm bis 800 mm. Auch erbeutete tschechische und französische Geschutze wurden häufig eingesetzt.
Die Deutschen stationierten 1940 280-mm-Geschutze am Cap Griz Nez an der Nordkuste Frankreichs, um die englische Kuste unter Beschuss zu nehmen und die gescheiterte Operation Sealion zu decken. Da sich solche Waffen nicht gut tarnen ließen, errichtete die Nazi-Organisation Todt riesige igluförmige Bunker zum Schutz der Geschutze, die noch heute stehen.
Trotz des Vormarsches der Roten Armee nach Polen setzten die Deutschen während des Aufstands im Spätsommer 1944 weiterhin Eisenbahnkanonen und Mörser mit Raupenketten vom Typ Karl ein, um Warschau zu beschießen.
Ein 274-Millimeter-Eisenbahngeschutz, das im Ersten Weltkrieg in Frankreich eingesetzt wurde. 1916.
Die vielleicht erfolgreichste deutsche Eisenbahnartillerie war die 280-mm-Eisenbahnkanone der K5(E)-Serie, von der etwa 25 Stuck gebaut wurden. Zwei dieser 218-Tonnen-Monster, Robert und Leopold (bei den Alliierten als „Anzio Express“ bzw. „Anzio Annie“ bekannt), erlangten während der Schlachten um Anzio 1944 traurige Beruhmtheit.
Diese K5(E)s feuerten 550-Pfund-Granaten auf eine Reichweite von uber 50 Kilometern ab und richteten bei Operationen an den Bruckenköpfen verheerende Schäden an. Bei Tageslicht wurden sie jedoch nur sporadisch abgefeuert, da sie die Tarnung in Eisenbahntunneln ausnutzten.
Trotz geheimdienstlicher Informationen uber ihre Positionen gelang es den alliierten Luftstreitkräften nie, die Geschutze zu neutralisieren, und sie unterbrachen nur gelegentlich die Munitionsversorgung.
Diese Fotografien umfassen die gesamte Geschichte der Eisenbahngeschutze, von den allerersten, die von den Streitkräften der Konföderierten im amerikanischen Burgerkrieg eingesetzt wurden, uber Autochromfotos der Geschutze an der Westfront des Ersten Weltkriegs bis hin zu den damals fast veralteten Giganten des Zweiten Weltkriegs.
Ein 8-Zoll-Eisenbahngeschutz Mk. VI im Einsatz während des Ersten Weltkriegs auf dem Aberdeen Proving Ground in England. 1916.
Ein 12-Zoll-Eisenbahngeschutz im Einsatz an der Somme, Frankreich. August 1916.
Französische Soldaten tarnen ein 370-Millimeter-Eisenbahngeschutz an der Westfront im Ersten Weltkrieg. 1917.
Französische Soldaten tarnen ein 370-Millimeter-Eisenbahngeschutz an der Westfront im Ersten Weltkrieg. 1917.
Eine 16-Zoll-Kanone, die an der Hindenburg-Linie in Frankreich eingesetzt wurde. 1918.
Im Zweiten Weltkrieg eingesetzte deutsche Eisenbahngeschutze. 1940.
Ein fur den Einsatz im Wustenkampf lackiertes Eisenbahngeschutz. 1940.
Ein italienischer Soldat feuert während der Schlacht um Monte Cassino in Italien 1940 ein 194-Millimeter-Eisenbahngeschutz ab.
Ein deutsches Eisenbahngeschutz im Einsatz in Frankreich. 1940.
Amerikanische Soldaten posieren auf einem erbeuteten deutschen Eisenbahngeschutz. 1944.
Ein amerikanischer Soldat untersucht ein deutsches 10-Zoll-Eisenbahngeschutz auf der Halbinsel Cherbourg in Frankreich. 1944.