911forfamily.com
Den Geist aufgeben – 911 For Family
Von Brigadegeneral Raymond E. Bell Jr.
Es war ein beeindruckender Anblick. Auf der Paradetribune saß als Ehrengast General Dwight D. Eisenhower, Oberbefehlshaber der alliierten Streitkräfte in Europa. Es war ein Herbsttag im Oktober 1946 in Munchen, Deutschland, und er marschierte gerade fur das 2. Constabulary Regiment zur Parade ein. An der Spitze der Formation ritt der Regimentskommandeur, Colonel Charles Reed, ein erfahrener Kavallerist, auf einem stattlichen Schlachtross. Ihm folgte ein Zug berittener Soldaten, der vor einer khakifarbenen Kapelle hertrabte. Hinter den Musikern kamen die motorisierten und mechanisierten Fahrzeuge des Regiments, alle voll besetzt. Als der letzte Teil die Munchner Straße entlangzog, waren sich alle Beobachter einig, dass die Parade ein großer Erfolg war, und das Regiment wurde fur seine Leistung gelobt. Die Amerikaner veranstalteten im Nachkriegsdeutschland viele solcher Paraden, aber diese war einzigartig.
Eisenhower und sicherlich auch alle anderen außerhalb des 2. Constabulary Regiments wussten nicht, dass nicht alle uniformierten Teilnehmer amerikanische Soldaten waren. Die Hälfte der berittenen Soldaten, die meisten Musiker und ein Teil der Fahrzeugbesatzungen waren Veteranen der demobilisierten deutschen 11. Panzerdivision, der Gespensterdivision. Dass es zu dieser Situation kam, ist eine höchst faszinierende Geschichte uber die Kapitulation einer Elite-Kampfdivision der deutschen Armee und ihre spätere Rolle in dieser beeindruckenden Demonstration amerikanischer Streitkräfte. Es hatte alles mit der einzigartigen Beziehung zwischen der Division und dem Constabulary Regiment und der erschreckend unterbesetzten Stellung des 2. Constabulary Regiments am Tag der Parade zu tun.
Der Ursprung der deutschen 11. Panzerdivision
Die 11. Panzerdivision war ursprunglich im August 1940 in der damals deutschen Provinz Schlesien, heute Teil Polens, aufgestellt worden. Teile der Division, das Panzerregiment 15 und die 11. Schutzenbrigade, hatten zuvor am Polenfeldzug 1939 und an der Invasion Frankreichs und der Niederlande 1940 teilgenommen. Die Infanteriebrigade erhielt den Nom de Guerre „Geisterbrigade“ angeblich von einem britischen Offizier, als die Einheit während der deutschen Invasion im Mai 1940 unerwartet hinter den alliierten Linien in den Niederlanden auftauchte. Im Herbst 1940, als die 11. Panzerdivision aufgestellt wurde, nahm die neue Division als Ehrenzeichen den Titel „Gespensterdivision“ an. Die 11. nahm das Bild eines Geistes in ihr Symbol auf, das als Teil ihrer Kampfidentifikationszeichen verwendet wurde.
Von Frankreich aus wurde die 11. Panzerdivision fur den Feldzug 1941 auf den Balkan verlegt. Anschließend kämpfte sie in Russland und war 1942 schwer in die Schlachten um Stalingrad verwickelt. 1943 wurde sie bei Einsätzen an der Ostfront dreimal fur besondere Verdienste ausgezeichnet. Im Sommer 1944 war die 11. Panzerdivision als Teil der deutschen 19. Armee in Sudfrankreich stationiert und hatte den Auftrag, einer Invasion Frankreichs vom Mittelmeer aus Widerstand zu leisten. Als die Amerikaner und Franzosen im August an der Sudkuste Frankreichs landeten, lieferte die 11. Panzerdivision ein Nachhutgefecht im Rhonetal. Als sich die Westfront entlang der deutsch-französischen Grenze stabilisierte, kämpfte die 11. Division bis weit in den Herbst 1944 hinein.
Kontakt mit der 2. Kavallerie
Die deutsche 11. Panzerdivision traf erstmals in Lothringen auf Teile des Vorgängerregiments des 2. Constabulary Regiments, der 2. Kavalleriegruppe. Als die Amerikaner in Mitteldeutschland vordrangen, wurde die 11. Panzerdivision schwer geschlagen, konnte sich aber dennoch erfolgreich mit US-Einheiten wie der 94. Infanteriedivision messen. Die deutsche Division erwarb sich den Ruf eines zähen, aber ehrenhaften Gegners. Da sie der uberwältigenden Flut schließlich nicht mehr standhalten konnte, zog sie sich Anfang Mai nach Osten zuruck. Die Division, die als Kampfverband noch intakt war, befand sich knapp innerhalb der Westgrenze der Tschechoslowakei. Hier begann die Geschichte der Kapitulation der 11. Panzerdivision.
Der kommandierende General der 11. Panzerdivision war Generalleutnant Wendt von Wietersheim, ein großer, gutaussehender Mann von 45 Jahren und ein fähiger und erfahrener Kommandant. Er war zudem ein Pragmatiker. Als die Division kapitulierte, wurde er jedoch nicht offiziell als Kommandant anerkannt. Am 15. April 1945, volle zwei Wochen vor der Kapitulation des Großteils der 11. Panzerdivision, wurde von Wietersheim vom Divisionskommando entbunden und nach Berlin beordert. Sein neuer Auftrag war das Kommando uber das Panzerkorps LI, eine „auf dem Papier“ genannte Organisation, die an einer letzten Verteidigung der deutschen Hauptstadt teilnehmen sollte. Doch von Wietersheim erreichte Berlin nie.
Wietersheims versteckte Agenda
Der deutsche General, stets ein Realist, hatte erkannt, dass das Kriegsende nahe war, und er hatte keine Lust, am Ende in der belagerten Hauptstadt zu sein, egal wie viele Pflichten er forderte. Daher meldete er sich krank und konnte seine neue Position nicht antreten. Gleichzeitig blieb er in der Nähe des Divisionshauptquartiers, wo er fur Konsultationen mit dem neuen Kommandeur, Generalmajor (Brigadegeneral) Freiherr Edgar von Buttlar, und dem Stab der 11. Panzerdivision zur Verfugung stand. Es schien kein Problem gewesen zu sein, den beliebten ehemaligen kommandierenden General in so unmittelbarer Nähe zum Nervenzentrum der Division zu haben.

Offenbar gehörte es auch zu von Wietersheims geheimer Absicht, nach einer geeigneten Gelegenheit zu suchen, der 11. Panzerdivision ein ehrenvolles Ende zu bereiten, indem sie den Amerikanern ubergeben wurde. Offenbar hatte er bereits den ganzen Monat vor dem 2. Mai daruber nachgedacht, doch die Ereignisse kamen dazwischen und erlaubten ihm diese Gelegenheit nicht.
Rennen durch die deutsch-tschechische Grenze
Als von Wietersheim das Kommando abgab, befand sich die Division im Ruckzug ins grenznahe Sudetenland, die westliche Tschechoslowakei. Hier versuchte die 11. Panzerdivision vergeblich, den schnellen Vormarsch der Dritten Armee unter General George S. Patton Jr. zu verlangsamen. Während Kolonnen der amerikanischen 11. Panzerdivision, unterstutzt von Infanterieeinheiten, sudostwärts entlang der suddeutsch-tschechischen Grenze vorruckten, versuchte die 11. Panzerdivision, die Vorstöße in ihre Stellungen zuruckzudrängen, indem sie US-Infanteriedivisionen wie die 26. und 90. Division sowie die 2. Kavalleriegruppe unterstutzte.
Der schnelle Vormarsch der Amerikaner in Richtung Linz, Österreich, fuhrte zu widerspruchlichen Befehlen des deutschen Oberkommandos an die 11. Panzerdivision. Am 25. April wurde eine Kampfgruppe, bestehend aus dem 111. Panzergrenadier-Regiment und einer Panzerkompanie mit Kampfunterstutzungs- und Truppenunterstutzungselementen, in die tschechische Stadt Domazlice beordert. Der Rest der 11. Panzerdivision sollte sich der Kampfgruppe anschließen, sobald die Division den fur den Vormarsch benötigten Treibstoff erhalten hatte. Unterdessen bestand die Aufgabe der 11. Panzerdivision darin, einen amerikanischen Vormarsch auf Pilsen, die tschechoslowakische Heimat des weltberuhmten Pilsner Biers, zu blockieren. Am 28. April erreichte die Division ihr zugewiesenes Operationsgebiet nahe der deutsch-tschechischen Grenze.
Nach Volary
Kaum hatte sich der Großteil der Division an ihrem neuen Standort versammelt, erhielt die deutsche 11. Panzerdivision den Befehl, uber bergiges Gelände weitere 96 Kilometer nach Sudosten in die tschechische Stadt Volary vorzurucken. Die neue Mission bestand darin, die US-amerikanische 11. Panzerdivision am Einmarsch in Linz zu hindern.
Auch diese Operation war aufgrund des mittlerweile kritischen Treibstoffmangels nur noch bruchstuckhaft. Der Treibstoff reichte nur noch fur die Bewegung der zuvor aufgestellten Kampfgruppe, die vom „offiziellen“ Divisionskommandeur von Buttlar nach Sudosten gefuhrt wurde. Von Wietersheim blieb mit dem Hauptteil der Division bei Domazlice „unfähig“. Am 2. Mai erreichten von Buttlar und seine Kampfgruppe die Nähe von Volary, wo sie bald auf die 26. US-Infanteriedivision trafen. Seine Einheiten hatten nicht nur wenig Treibstoff, sondern befanden sich auch außerhalb der Reichweite der effektiven Signalkommunikation mit dem Hauptteil der 11. Panzerdivision.

Den Feind kennen: Wie sich die 2. Kavallerie und die 11. Panzerdivision „kannten“
An diesem Punkt sollten sich kluge Köpfe, sowohl deutsche als auch amerikanische, durchsetzen. Ende April waren Teile der 2. US-Kavalleriegruppe (die während des gesamten Krieges von Colonel Reed kommandiert wurde) in die tschechische Stadt Hostoun einmarschiert, um rund 500 Lipizzaner zu retten. Reeds Männer hatten es außerdem mit fanatischen Nazis und Soldaten zu tun, die an Unteroffiziersschulen lernten, die aus Deutschland in die Tschechoslowakei verlegt worden waren. Der 11. Panzerdivision jedoch sollte Reed einen großen Gefallen tun. Da sie an der linken Flanke der vorruckenden US-Einheiten entlang der tschechisch-deutschen Grenze operierte, geriet die 2. Kavallerie, die sich Gefechte mit Einheiten der 11. Panzerdivision lieferte, bald in Kontakt mit den vorgeschobenen Teilen der sowjetischen Roten Armee, die aus dem Osten vorruckten. Als die Sowjets bemerkten, dass sich die 11. Panzerdivision in der Nähe befand, versuchten sie, die deutsche Division zur Kapitulation zu zwingen.
Die 2. Kavalleriedivision hatte wenig Interesse daran, deutsche Soldaten an die Sowjets auszuliefern. Dies lag zum Teil an Misstrauen gegenuber den deutschen Truppen, aber auch daran, dass sich die 2. Kavalleriedivision und die 11. Panzerdivision bereits im Kampf gegenubergestanden hatten und sich „kannten“. Bei Kämpfen in der französischen Provinz Lothringen 1944 hatten die beiden Gegner schwer verwundete Soldaten ausgetauscht. Auch General Patton, der wie Colonel Reed ein erfahrener Kavallerist war, kannte die 11. Panzerdivision. Vielleicht teilte Reed, der Patton kannte, einige von Pattons Abneigung gegen die Sowjets. Auf jeden Fall spielte Colonel Reed eine wichtige Rolle bei der Vereitelung sowjetischer Versuche, die Ghost-Division in ihre Fänge zu ziehen.
Patton zur Rettung der 11. Panzerdivision
Colonel Reed hätte ohne den Einfluss von General Patton nicht handeln können. Ihm wird viel Verdienst dafur zugeschrieben, dass er die deutsche 11. Panzerdivision vor der US-Armee kapitulieren ließ. Patton ging ein großes Risiko ein, als er die Kapitulation der Division zuließ. Er hatte strikte Anweisung erhalten, sich nicht in die politischen Entscheidungen einzumischen, die den Sowjets das Recht gaben, alle deutschen Streitkräfte in der Tschechoslowakei als Kriegsgefangene zu beanspruchen. Dennoch autorisierte er die Kapitulation der 11. Panzerdivision, weil sie „… die fairste und tapferste aller deutschen Divisionen war, gegen die er in diesem Krieg gekämpft hatte.“ Seine Entscheidung wurde jedoch auch von General Omar Bradley gebilligt, der betonte, dass die 11. Panzerdivision geordnet in Gefangenschaft geraten musse.
Während Colonel Reed die Sowjets aufhielt, bereiteten sich die deutschen Soldaten der 11. Panzerdivision auf die Kapitulation vor den Amerikanern vor. Das heißt, die meisten deutschen Einheiten machten sich bereit, in die Arme ihrer Gegner zu marschieren. Es gab jedoch eine Komplikation. Während sich ein Großteil der 11. Division um die Stadt Domazlice befand, befand sich dieser Teil noch 96 Kilometer entfernt in Volary. Und der offizielle Divisionskommandeur befand sich nicht in Domazlice, sondern bei seiner Kampfgruppe Volary, die nur uber einen motorisierten Boten mit Einheiten in der Nähe von Domazlice in Verbindung stand.
Von Wietersheim ubernimmt erneut das Kommando zur Verhandlung der Kapitulation
Obwohl es strenggenommen keinen Divisionskommandeur beim Großteil der 11. Panzerdivision gab, war General von Wietersheim anwesend, obwohl er offiziell im Lazarett lag. Da er bereits den Befehl, sich in Berlin zu melden, missachtet hatte, wäre es fur ihn ein Leichtes gewesen, weitere unlogische Befehle zu ignorieren und sogar unkonventionelle Aktionen durchzufuhren. Daher rief von Wietersheim am 2. Mai alle im Raum Domazlice anwesenden höheren Offiziere der Division zusammen. Er teilte ihnen seine Absicht mit, mit den Amerikanern uber die Kapitulation der Division zu verhandeln. Als die Mehrheit der Offiziere seinen Plänen zustimmte (die NSDAP-Mitglieder im Kommando erhoben heftige Einwände), ubernahm von Wietersheim wieder das Kommando uber die Division.

Von Buttlar hingegen willigte zwar ein, dass von Wietersheim das Kommando wieder ubernahm und Verhandlungen aufnahm, nahm aber seine eigenen Fuhrungsaufgaben nicht auf die leichte Schulter. Er hielt es fur notwendig, die Ausfuhrung eines Verlegungsbefehls nach Brunn vorzubereiten. Doch auch von Buttlar, dessen Truppen nun der 26. US-Infanteriedivision gegenuberstanden, war ein Pragmatiker. Er war daher bereit, seine Männer nach ihren Wunschen zu fragen, sobald bekannt war, dass von Wietersheim und andere Schlusseloffiziere die Mehrheit des Divisionspersonals zu Gesprächen bewegt hatten.
Das Ergebnis von Buttlars Versuch, die Präferenzen seiner Truppen zu ermitteln, war nicht unerwartet. Sie wollten unbedingt ihren Kameraden in die schutzenden Arme der Amerikaner folgen. Sie hatten auch wenig Interesse an weiteren Kampfhandlungen. Sie wollten ehrenhafte Bedingungen und wollten sich nicht den Sowjets ergeben. Um diese beiden Ziele zu erreichen, mussten die Divisionsfuhrer die richtigen Kontakte knupfen.
Politische Unruhen erschweren die Kapitulation
Die 2. Kavalleriegruppe hatte bereits Kontakt mit Teilen der 11. Panzerdivision. Gleichzeitig fuhrten fanatische Unteroffiziere in deutschen Armeeschulen verzweifelte Aktionen aus. Einmal geriet eine Patrouille der 2. Kavallerie in einen Hinterhalt dieser Unteroffiziere, und die erbeuteten Fahrzeuge wurden in einem Vorwand eingesetzt, um eine Kompanie des 357. Infanterieregiments der 90. US-Infanteriedivision anzugreifen , die in die Tschechoslowakei vorruckte. Die Stimmung einiger amerikanischer Soldaten, wenn sie von Deutschen zur Kapitulation aufgefordert wurden, war nicht vorhersehbar, zumal die von den Sowjets beanspruchten Rechte bereits bekannt waren.
Tatsächlich wurde ein deutscher Abgesandter bei seinem ersten Kontaktversuch mit der 90. Infanteriedivision rude abgewiesen. Major John H. Cochran Jr., Operationsoffizier des 3. Bataillons des 359. Infanterieregiments, erinnert sich, dass ein deutscher Soldat mit einer weißen Waffenstillstandsfahne, als er sich der Stellung seiner Einheit näherte, zum Kommandoposten des Bataillons gebracht wurde. Der Deutsche bestand darauf, zum Stabschef der 90. Division gebracht zu werden, was Cochran nicht gefiel. Cochran war gekränkt und erklärte: „Kein deutscher Soldat wurde mir sagen, was ich zu tun habe, also schickte ich ihn in unseren Umkreis zuruck. Ihm wurde befohlen, dorthin zuruckzukehren, wo er hergekommen war.“
Kein Zuruck fur den 11.
Dies war die erste Nachricht, die an keine bestimmte Person oder Organisation gerichtet war und die das 3. Bataillon der 359. Division erreichte. Der vorherige Kontakt mit Oberst Reeds 2. Kavallerie ließ von Wietersheim vermutlich hoffen, dass eine solche Nachricht automatisch in die richtigen Hände gelangen wurde. Dennoch war es ein riskantes Unterfangen, und die Ablehnung des ersten formellen Kontakts zur Kapitulation muss den Stab der 11. Panzerdivision beunruhigt haben. Nachdem die ersten Schritte getan waren, gab es nun kein Zuruck mehr, zumal die Sowjets Druck auf Oberst Reed ausubten, die Kapitulation der Deutschen entgegenzunehmen.
Ein zweiter Versuch, Kontakt mit den Amerikanern aufzunehmen, war jedoch erfolgreich. Am nächsten Morgen, dem 4. Mai, bewachte Technical Sergeant Fifth Class Walter Huskey von der G-Kompanie desselben US-Infanteriebataillons um 7:15 Uhr einen vorgeschobenen Außenposten, als er drei deutsche Fahrzeuge näherkommen sah. Diese Volkswagen trugen weiße Fahnen. Ein hochgewachsener junger Major in der schwarzen Uniform der deutschen Panzertruppen trat an Huskey heran und bat um ein Gespräch mit dem US-Divisionskommandeur. Es war der deutsche Logistikoffizier der 11. Panzerdivision, Major Voightmann, der in die Linien der G-Kompanie eindrang und zum Kommandoposten der 90. Infanteriedivision im deutschen Cham gebracht wurde, wo er den Kapitulationsvorschlag uberbrachte.

Die Beharrlichkeit von Wietersheims und seines Stabes zahlte sich aus. Fur die 90. Infanteriedivision war diese Episode jedoch nur ein kleiner Ausrutscher in ihren gesamten taktischen Operationen. Das XII. Korps, das unmittelbar vorgesetzte Hauptquartier der 90., hatte der gesamten Division am 4. Mai befohlen, sich in eine große Nullstellung rund um die deutsche Stadt Viechtach, mehrere Kilometer von der tschechischen Grenze entfernt, zuruckzuziehen. Die Division sollte als Korpsreserve dienen. Das deutsche Kapitulationsangebot sowie der Befehl an das 357. Infanterieregiment, am fruhen 5. Mai die Zufahrtsstraße nach Tschechoslowakei durch die deutsche Stadt Regen zu besetzen und freizumachen, fuhrten zu einer Änderung der Reservepläne des Korps. Ein Gefechtskommando der 4. US-Panzerdivision, das einen Vorstoß nach Osten zur Einnahme der tschechischen Hauptstadt Prag anfuhrte, sollte dann durch das 357. Regiment verlaufen.
Rennen in Richtung Kapitulation
Zu dieser Zeit hatte die 2. Kavallerie erhebliche Schwierigkeiten, sich durch die dichten Wälder an der deutsch-tschechischen Grenze zu bewegen. Beim Schutz der linken Flanke der 90. Division stieß die Kavallerie auf Widerstand, der fur die Division, die sie schutzte, von großem Interesse war. Am 5. Mai leisteten deutsche Offiziersanwärter (die bereits erwähnten Unteroffiziere) heftigen Widerstand und schnitten einem Kavalleriezug den Weg ab. Dies hatte schwerwiegende Folgen fur die 90. Division und hätte die Kapitulationsverhandlungen mit der 11. Panzerdivision negativ beeinflussen können.
Die Notwendigkeit einer hastigen Kapitulation der 11. Panzerdivision wurde den Deutschen immer deutlicher. Die verzögerten Verhandlungen hätten am 5. Mai durch den Hinterhalt des Zuges der 2. Kavallerie noch mehr in Schwierigkeiten geraten können.
Das 357. Infanterieregiment war am 5. zu seinem Angriff aufgebrochen, um den Pass nach Tschechoslowakei zu räumen. Als dann ein Zug der 1. Kompanie des Regiments das kleine tschechische Dorf Zhuri betreten wollte, traf die Einheit auf zwei amerikanische Spähwagen, die sie fur mit Soldaten der 2. Kavallerie besetzt hielt. Stattdessen eröffneten die beiden M8-Spähwagen das Feuer auf die ahnungslosen Amerikaner. Andere Deutsche feuerten wild auf die uberraschten amerikanischen Soldaten, töteten zehn und verwundeten zehn weitere. Die empörten Amerikaner, verbittert uber diesen schweren Verlust so spät im Krieg, ruckten auf Zhuri vor und machten sich ohne Artillerieunterstutzung daran, den deutschen Widerstand im Nahkampf niederzuschlagen. Diese deutsche List kostete den Feind 24 Tote und 76 Gefangene. Die 2. Kavallerie barg die beiden M8 und vier Vierteltonner-Laster.
Treffen mit dem Kommandeur der 90. Infanteriedivision, Earnest
Zum Gluck fur die 11. Panzerdivision wurde der Zeitplan fur die Kapitulationsverhandlungen durch die unglucklichen Vorfälle vom 5. Mai nicht beeinflusst. General von Wietersheims Wunsch wurde erfullt. Die 11. Panzerdivision, noch immer eine geschlossene, wenn auch angeschlagene Organisation, sollte mit wehenden Flaggen (wenn auch weißen) und erhobenem Haupt in die Gefangenschaft marschieren. Die Amerikaner wurden Abstand halten und ihren ehemaligen Gegnern uberlassen, ihre eigene Bevölkerung zu kontrollieren. Bei Bedarf wurde das 359. Infanterieregiment, das vom Hauptquartier der 90. Infanteriedivision mit der Überwachung der tatsächlichen Kapitulation beauftragt worden war, administrative und logistische Unterstutzung leisten. Dies wurde bald erforderlich sein. Doch zunächst musste General von Wietersheim den Kommandeur der 90. Infanteriedivision, Brigadegeneral Herbert L. Earnest, treffen und die Kapitulation der deutschen Truppen formalisieren. Das Treffen war fur den 4. Mai um 16 Uhr angesetzt.
Zum vereinbarten Zeitpunkt begannen die Verhandlungen zwischen General von Wietersheim und General Earnest. Im weiteren Verlauf der Gespräche fragte General Earnest, ob die Deutschen genugend Treibstoff hätten, um ihre Fahrzeuge zu den vereinbarten Sammelplätzen zu bringen. Von Wietersheim antwortete, dass einigen Fahrzeugen bald das Benzin ausgehen wurde. Earnest meinte daraufhin, dass die Männer in diesem Fall zu Fuß gehen mussten. „Nein“, erklärte der deutsche General mit einem traurigen Lächeln. „Sie sind es gewohnt, die Fahrzeuge der anderen zu ziehen.“

Leichtigkeit in Zeiten schwieriger Verhandlungen
Dann ereignete sich einer jener Momente in der Geschichte, in denen Heiterkeit half, eine unangenehme Diskussion zu entschärfen. Die Generäle Earnest und von Wietersheim besprachen weitere Details der Kontrolle der Bewegung deutscher Truppen in die Gefangenschaft. Dem deutschen General wurde vorgeschlagen, dass die Fahrzeuge ihre Scheinwerfer einschalten sollten, da mehr als tausend Fahrzeuge in der Dämmerung und Nacht in den Sammelplatz einfahren wurden. Ein anwesender Witzbold äußerte einen Vorbehalt gegen die Verwendung von Scheinwerfern bei Nacht und sagte zu den Deutschen: „Wenn sie [die Deutschen] keine Angst vor der Luftwaffe haben.“ Dies erntete Gelächter von allen Anwesenden, und man einigte sich darauf, dass es Licht geben wurde. Die Gespräche wurden dann bald beendet.
Colonel Raymond E. Bell, Kommandeur des 359. Infanterieregiments der 90. Infanteriedivision, der bei den Verhandlungen anwesend war, erinnerte sich an das Ende dieser Kapitulationsgespräche. Von Wietersheim zog seine Pistole aus dem Holster und reichte sie General Earnest uber den Tisch, als wurde er seinem Bezwinger sein Schwert ubergeben. Earnest jedoch erkannte eine galante Geste, wenn er sie sah, und erwiderte sie, indem er seine Pistole aus dem Holster zog und die Waffe von Wietersheim uberreichte. Mit dieser respektvollen Geste waren die Formalitäten der Kapitulation abgeschlossen. Nun war es Zeit fur die Umsetzung.
Am 4. Mai um 13:30 Uhr hatte das Hauptquartier der 90. Infanteriedivision im Vorfeld der formellen Kapitulation den Befehl erlassen, dass sich die 11. Panzerdivision in zwei Gebieten versammeln sollte. In jedem von ihnen sollte eine Wasserstelle eingerichtet werden, eine Aufgabe, die das 204. Pionierbataillon erfullen sollte. Man schätzte, dass die 11. Panzerdivision vier Tage lang logistisch selbstversorgend sein wurde. Die Teile der Division sollten auf zwei Routen aus der Tschechoslowakei ausrucken, eine durch die Grenzstadt Rittsteig, die andere uber Vseruby, wo die Verhandlungen stattgefunden hatten. Die Routen sollten in zwei Sammelgebieten mit den Bezeichnungen „A“ und „B“ enden, jeweils eines beiderseits der deutschen Stadt Kötzting. Das II. Bataillon des 359. war fur Gebiet „A“ westlich von Kötzting verantwortlich, während das 3. Bataillon mit Gebiet „B“ betraut war.
9.050 deutsche Kriegsgefangene
Um 17:25 Uhr an diesem Nachmittag näherte sich eine feindliche Kolonne dem Kontrollpunkt des 3. Bataillons von Oberstleutnant Orwin C. Talbott. Alles schien gut zu laufen, doch bald traten Probleme auf. Zunächst kam es zu einem erwarteten Treibstoffproblem, doch dann trafen im Divisionshauptquartier Meldungen ein, dass amerikanische Soldaten einer anderen Infanteriedivision Soldaten der 11. Panzerdivision, die ihre Linien passierten, ausspionierten. Oberstleutnant James O. Boswell, der Nachrichtenoffizier der Division, begann, „die Blockade zu beseitigen“. Gegen 23:30 Uhr in dieser Nacht hatten mechanisierte Einheiten der 11. Panzerdivision die Sammelplätze umzingelt, und am nächsten Morgen um 2:30 Uhr begannen abgesessene deutsche Soldaten, die Kontrollpunkte zu passieren.
Insgesamt ergaben sich rund 9.050 deutsche Soldaten. Davon waren 225 Offiziere, 1.713 Unteroffiziere und 4.834 Soldaten der 11. Panzerdivision. Der Rest waren Nachzugler aus verschiedenen Einheiten. An Fahrzeugen wurden den Amerikanern rund 155 Motorräder, 300 Limousinen und 700 Lastwagen ubergeben, jedoch nur sieben Panzer, 15 Selbstfahrlafetten und funf Jagdpanzer. Auch die Waffen waren relativ gering: Lediglich sechs 150-mm-Infanteriehaubitzen und funf 105-mm-Haubitzen wurden abgegeben. Bis 15:30 Uhr am 5. Mai war der Kommandoposten der 90. Infanteriedivision rund 45 Kilometer sudöstlich entlang der deutsch-tschechischen Grenze bei Zwiesel verlegt worden. Um 22:30 Uhr an diesem Abend benachrichtigte die Division ihr 359. Infanterieregiment, sich darauf vorzubereiten, irgendwann am 6. Mai in die Tschechoslowakei in die Nähe von Nyrsko einzumarschieren.

Die 11. Panzerdivision lebte nach dem Krieg weiter
Das Gefecht der Division mit der 11. Panzerdivision wurde kaum zwei volle Tage dauern. Gleichzeitig verblasste die Erinnerung an die Kapitulation General von Wietersheims durch die 90. Division rapide. General von Buttlars Einheit ergab sich wenige Tage später der 26. US-Infanteriedivision, und seine Soldaten schlossen sich dem Rest der Division in der Nähe von Kötzting an.
Nun wurde es die Aufgabe der 2. Kavalleriegruppe, dort weiterzumachen, wo die 90. und die 26. aufgehört hatten. Es dauerte weitere vier Wochen, bis die Auflösung der 11. Panzerdivision unter der Aufsicht der Kavalleriesoldaten abgeschlossen war.
Wenige Tage nach der Kapitulation hatte Hauptmann Ferdinand Sperrl, der fließend Deutsch sprach, in Kötzting, dem Ort, an dem die 11. Panzerdivision demobilisiert worden war, eine Militärregierungszelle eingerichtet. Die deutschen Soldaten durften bald nach Hause ausreisen, einige nahmen ihre Fahrzeuge mit. Diejenigen, die nicht in ihre Heimat im damals sowjetisch besetzten Schlesien zuruckkehren konnten, fanden neue Unterkunfte, einige in der Umgebung von Kötzting. Sperrl knupfte hervorragende Kontakte nicht nur zu den deutschen Einheiten, sondern auch zur Stadt, sodass kurz nach Kriegsende fur Deutschland ein traditionelles Volksfest stattfinden konnte. Funfzig Jahre nach Kriegsende löste sein Auftritt bei Treffen der Divisionsveteranen und der Stadtbewohner Jubel aus.
Auch nach dem Ende der Feindseligkeiten in Europa und ihrer offiziellen Demobilisierung unter der Schirmherrschaft der 2. Kavalleriegruppe bewahrte die 11. Panzerdivision noch immer gewisse Zusammenhaltspunkte. So tauschte die Divisionskapelle beispielsweise Uniformen gegen Zivilkleidung und wurde nach Regensburg entsandt, dem Hauptquartier des US-amerikanischen XII. Korps, das Besatzungsaufgaben wahrnahm. Die Mitglieder wurden als „Phillips (XII Corps’ Own) Band“ bekannt und spielten zur Unterhaltung der Amerikaner im Ballsaal eines örtlichen Hotels.
Dann gab es noch die große, aufwendige Parade in Munchen im Oktober 1946, die fur General Eisenhower inszeniert wurde. Wie Hauptmann Sperrl, der angeblich den Coup orchestriert hatte, ehemalige Mitglieder der 11. Panzerdivision an der Parade teilnehmen zu lassen, dieses Kunststuck vollbrachte, ist bis heute ein Rätsel.
„ Feinden wurden Freunde “
So verlief die Kapitulation der 11. Panzerdivision. Sowohl die Veteranen der 2. Kavalleriegruppe (deren Panzerkavallerieregiment nach dem Krieg jahrelang die alte deutsch-deutsche Grenze patrouillierte) als auch die Veteranen der 26. Infanteriedivision behaupten begeistert, die 11. Panzerdivision habe sich ihnen ergeben. Tatsächlich aber nahm das 359. Infanterieregiment der 90. Infanteriedivision die Kapitulation des Großteils der 11. Panzerdivision entgegen und widmete sich anschließend rasch anderen Aufgaben.
Auch wenn die amerikanischen Veteranen das endgultige Ergebnis bestreiten, besteht kein Zweifel daran, dass die Mitglieder der deutschen 11. Panzerdivision – der Ghost Division oder Gespensterdivision – und ihre ehemaligen amerikanischen Gegner im Laufe der Jahre stolz behaupten konnten: „ Feinde waren Freunde.“ Heute ist die deutsche Ghost Division, „die real und tödlich war“, nur noch eine Erscheinung, und die edle und effektive Leistung der Division ist in die Annalen des Panzerkampfs des Zweiten Weltkriegs eingegangen.