Das Geheimnis um den deutschen Bomber Dornier Do 17 aus dem Zweiten Weltkrieg im RAF-Museum

Die Dornier Do 17 kam erstmals im Spanischen Burgerkrieg als Militärflugzeug zum Einsatz, sowohl als Bomber als auch als Aufklärungsflugzeug. Zu Beginn des Zweiten Weltkriegs bildete sie zusammen mit der Heinkel He 111 das Ruckgrat der deutschen Bomberflotte uber Polen. Die Do 17 erfullte auch die Aufklärungsaufgaben der Luftwaffe. Do 17P erfullten solche Aufgaben bereits während des „Sitzkriegs“, bevor sie im Mai 1940 bei der Invasion Frankreichs, Belgiens und der Niederlande aktiv an Bombenangriffen beteiligt waren.
Zu Beginn der Luftschlacht um England wurde die Do 17 jedoch aufgrund ihrer begrenzten Reichweite und der geringen Bombenlast durch die Junkers Ju 88 ersetzt. Dennoch flogen Do 17-Einheiten unzählige Einsätze uber Sudengland, einige davon in sehr geringer Höhe gegen Jagdflugplätze der RAF. Einige Einheiten nahmen auch am Blitzkrieg 1940/41 teil, bevor sie auf den Balkan und anschließend in die Sowjetunion zogen. Teile zweier Bombereinheiten blieben bis Ende 1941 an der Ostfront im Einsatz, bevor auch sie auf die Ju 88 oder die Do 217 umstiegen.
Wie Chris Goss in seinem Buch „Dornier Do 17 Units of World War 2“ erklärt, lagen bei Kriegsende die Überreste von Do 17-Flugzeugen auf Flugplätzen in Nordwesteuropa und im Osten Europas verstreut. Dennoch sind, wie bei so vielen anderen wichtigen Kampfflugzeugtypen des Zweiten Weltkriegs, keine Exemplare irgendeiner Variante erhalten geblieben. Dies änderte sich jedoch 2013. Lokale Fischer, die von den Häfen an der Kuste von Kent aus ihren Geschäften nachgingen, waren sich der Anwesenheit zahlreicher Flugzeuge in den Goodwin Sands bewusst, und 2008 tauchte eines dieser bekannten Wracks allmählich wieder vom Meeresboden auf und lag schließlich etwa 16 Meter unter der Oberfläche.
Das auf dem Rucken liegende Flugzeug schien uber zwei Triebwerke zu verfugen und da es in der Mitte des Rumpfes einen offenen Bereich (Bombenschacht) hatte, handelte es sich eindeutig um einen Bomber.
Seitensichtsonaraufnahmen des Wracks wurden 2008/09 durchgefuhrt und eindeutig als Do 17Z identifiziert. Dies wurde später durch Tauchgänge zum Wrack und Mehrstrahlsonaraufnahmen im Jahr 2011 bestätigt. Das RAF-Museum hatte Erfahrung mit der Bergung von Kriegsflugzeugen und sah nun eine perfekte Gelegenheit, die weltweit einzige verbliebene Do 17 – das „fehlende Glied“ in seiner Sammlung von Flugzeugen aus der Luftschlacht um England – zu bergen. Die offizielle Bergung des Bombers erfolgte jedoch erst am 3. Mai 2013, und am folgenden Tag wurde eine schwimmende Bergungsplattform uber dem Wrack positioniert.
Mehr als drei Jahre Planung, Mittelbeschaffung und Forschung durch die Air Historical Branch der RAF waren nötig, um diesen Punkt zu erreichen. Sie ging davon aus, dass es sich bei dem Wrack um eine Do 17Z-2 Wk-Nr. 1160 5K-FAR der 7./KG 3 handelte, die am 26. August 1940 verloren ging. Es war unklar, ob bei der Bergung des Wracks menschliche Überreste oder Munition gefunden werden wurden.
Taucher hatten das Flugzeug detailliert untersucht, um ein speziell konstruiertes, leichtes Hebegerust um das Wrack herum zu installieren. Sie berichteten, dass das nun freiliegende Flugzeug die Wintersturme 2012/13 uberstanden hatte. Die Bedingungen vor Ort waren stets schwierig, da die Gezeiten nur 50 bis 90 Minuten Tauchzeit pro Tag bei Sichtweiten von höchstens 5 Metern erlaubten. Taucher stellten fest, dass sich verschiedene Teile der Flugzeugzelle in einem besonders fragilen Zustand befanden – etwas, das das RAF-Museum erwartet hatte, weshalb das spezielle Hebegerust gebaut wurde.
Es wurde erwartet, dass die Bergung je nach Wetter und Gezeiten drei bis vier Wochen dauern wurde.
Das Flugzeug an die Oberfläche und anschließend an Land zu bringen, war nur der Anfang seiner Konservierung. Über 70 Jahre lang im Meerwasser gelagert, wurde die Do 17, sobald sie der Atmosphäre ausgesetzt wurde, schnell so stark korrodieren, dass die Überreste schließlich zerfallen wurden. Das RAF-Museum beabsichtigte daher, das Flugzeug in zwei eigens dafur errichteten Hydratationstunneln mit den Maßen 19,8 m x 7,0 m und einer Höhe von 3,5 m auf dem RAF-Stutzpunkt Cosford in Shropshire unterzubringen.
Jeder Tunnel war mit einem Feuchtigkeitsspruhsystem ausgestattet. 36 Dusen hingen von der Decke herab und ermöglichten so eine kontinuierliche Befeuchtung der Überreste. Das Wasser wurde uber ein Drainagesystem im Boden jedes Tunnels abgeleitet, durchlief anschließend spezielle Filter, kehrte in einen Tank zuruck und wurde anschließend wieder in die Hydratationstunnel gepumpt. Vor der Wiederverwendung wurde der pH-Wert des Wassers gemessen, um sicherzustellen, dass es den richtigen pH-Wert hatte, um die im Laufe der Zeit an der Flugzeugzelle abgelagerten Salze und Chemikalien schonend abzuwaschen, ohne den Lack oder die Komponenten in den Tragflächen und im Rumpf zu beschädigen.
Die erste Bergung war fur den 2. und 3. Juni 2013 geplant, musste jedoch aufgrund widriger Wetter- und Gezeitenbedingungen verschoben werden. Meteorologische Verzögerungen sowie Probleme mit der Meeresbodengeologie machten zudem eine Änderung der Bergungsmethode erforderlich. Anstatt einen Rahmen um die Dornier zu bauen, wurde der hintere Rumpf verstärkt und Hebegurte an bekannten Stutzpunkten der Zelle angebracht. Da die Maschine kopfuber auf dem Meeresboden lag, war der Zugang zu diesen Stutzpunkten unproblematisch, und am 10. Juni um 18:26 Uhr konnte die Do 17 weitgehend unversehrt gehoben werden. Anschließend wurde sie zu den Ramsgate Docks transportiert und trat am nächsten Tag ihre Reise zum RAF-Stutzpunkt Cosford an, wo die Konservierung und Identifizierung erfolgen sollte.